In dem Möbelgeschäft meines Vertrauens konnte ich letztens voller Bewunderung eine
bequeme Sitzvorrichtung betrachten, die ich dann nach einer halben des Stunde Zögerns und
Musterns auch um wie in der Werbung angepriesene „fantastische 150 Euro“ erstand. Mir
war davor ja noch gar nicht klar gewesen, wie sehr ich ihn überhaupt brauchte. Die Rede ist
von meinem neuen Fernsehsessel.
Ich ließ ihn also um eine Pauschale von 25 Euro zu mir nach Hause transportieren, das sparte
mir unnötige Mühe, zudem hatte ich noch das Glück, dass mein Sessel als einziges Stück an
diesem Tag ausgeliefert wurde und ich es so nach nur 2 Stunden in meinen vier Wänden nun
ganz mein Eigen nennen durfte.
Langsam begann ich erst, die ganzen Vorteile dieses Goldstücks zu realisieren. Neben einer
eingebauten Rückenmassagevorrichtung und einer kleinen ausklappbaren Fußablage befand
sich noch eine Handyverwahrvorrichtung auf meinem bisher unbenutzten neuen
Aufwertungsmöbelstück für mein verbleibendes Mobiliar. Das gute Stück konnte seine volle
Wirkung erst entfalten, als es seinen Platz zwischen meinem ausgestopften russischen
Tanzbären und meinem Holztisch aus Teek fand.
Sogleich testete ich mein neu erworbenes Luxusgut und kam zum Schluss, dass das Stück
auch international sei: der Überzugsstoff aus Bangladesch, dieser wiederum aus
amerikanischer Baumwolle, mit Plastikgewinden aus Taiwan, dem inneren Eisenrahmen aus
China und zusammengebaut in Österreich, denn der Sessel ist ja „made in Austria“.
Verschiedenste Qualitätsprädikate zierten das Etikett, das tatsächlich immer noch an meinem
neuen Schatz angeheftet war. Tief beeindruckt über all die bunten Bildchen musterte ich das
Zettelchen noch ein letztes Mal, zog dann meine Schere aus der Schublade und schnitt die
kleine Plastikschnur ab, sodass das Etikett herunterfiel. Schnell warf ich alles in meinen
Mistkübel und widmete mich weiter der Philosophie über meinen neuen Sessel. Wie weich er
sich anfühlte! Die erlesensten und flinksten Hände mussten ihn gefertigt haben, was natürlich
auch zu erwarten war für den Preis, den ich dafür zu investieren hatte.
Stolz saß ich also da und sah mir die Nachrichten an. Ach, die armen Menschen in fernen
Ländern, die haben wohl nicht so schöne Sessel wie wir hier in Österreich. Die Einsicht, als
Einzelperson sowieso nicht helfen zu können brachte mich aber schnell dazu, von den
Nachrichten auf ein fröhlicheres Programm zu wechseln, zumal die diversen
Abendnachrichten sowieso alle die Tautologie verherrlichen, denn die angenehmen Seiten des
Lebens werden ja nicht alle Tage genossen.
Mittwoch, 23. Mai 2012
Glosse
In dem Möbelgeschäft meines Vertrauens konnte ich letztens
voller Bewunderung eine bequeme Sitzvorrichtung betrachten, die ich dann nach
einer halben des Stunde Zögerns und Musterns auch um wie in der Werbung
angepriesene „fantastische 150
Euro“ erstand. Mir war davor ja noch gar nicht klar gewesen, wie sehr
ich ihn überhaupt brauchte. Die Rede ist von meinem neuen Fernsehsessel.
Ich ließ ihn also um eine Pauschale von 25 Euro zu mir nach
Hause transportieren, das sparte mir unnötige Mühe, zudem hatte ich noch das
Glück, dass mein Sessel als einziges Stück an diesem Tag ausgeliefert wurde und
ich es so nach nur 2 Stunden in meinen vier Wänden nun ganz mein Eigen nennen
durfte.
Langsam begann ich erst, die ganzen Vorteile dieses
Goldstücks zu realisieren. Neben einer eingebauten Rückenmassagevorrichtung und
einer kleinen ausklappbaren Fußablage befand sich noch eine
Handyverwahrvorrichtung auf meinem bisher unbenutzten neuen
Aufwertungsmöbelstück für mein verbleibendes Mobiliar. Das gute Stück konnte
seine volle Wirkung erst entfalten, als es seinen Platz zwischen meinem
ausgestopften russischen Tanzbären und meinem Holztisch aus Teek fand.
Sogleich testete ich mein neu erworbenes Luxusgut und kam
zum Schluss, dass das Stück auch international sei: der Überzugsstoff aus
Bangladesch, dieser wiederum aus amerikanischer Baumwolle, mit Plastikgewinden
aus Taiwan, dem inneren Eisenrahmen aus China und zusammengebaut in Österreich,
denn der Sessel ist ja „made in Austria“. Verschiedenste Qualitätsprädikate
zierten das Etikett, das tatsächlich immer noch an meinem neuen Schatz
angeheftet war. Tief beeindruckt über all die bunten Bildchen musterte ich das
Zettelchen noch ein letztes Mal, zog dann meine Schere aus der Schublade und
schnitt die kleine Plastikschnur ab, sodass das Etikett herunterfiel. Schnell
warf ich alles in meinen Mistkübel und widmete mich weiter der Philosophie über
meinen neuen Sessel. Wie weich er sich anfühlte! Die erlesensten und flinksten
Hände mussten ihn gefertigt haben, was natürlich auch zu erwarten war für den
Preis, den ich dafür zu investieren hatte.
Stolz saß ich also da und sah mir die Nachrichten an. Ach,
die armen Menschen in fernen Ländern, die haben wohl nicht so schöne Sessel wie
wir hier in Österreich. Die Einsicht, als Einzelperson sowieso nicht helfen zu
können brachte mich aber schnell dazu, von den Nachrichten auf ein fröhlicheres
Programm zu wechseln, zumal die diversen Abendnachrichten sowieso alle die
Tautologie verherrlichen, denn die angenehmen Seiten des Lebens werden ja nicht
alle Tage genossen.
Erörterung "Facebook"
Seit den Revolutionen im Nahen Osten scheinen die gesamten Medien nurmehr ein Thema zu
kennen: Facebook. Was in der westlichen Gesellschaft mehr als Kommunikationsplattform
für Freund_innen funktioniert, übernahm in Lybien, Ägypten und Tunesien die Rolle als
Kommunikationsmittel zum Aufstand. Jahrelang wurde geplant, alles im Internet gehalten, bis
schließlich die Revolution ausbrach. Die Frage, die sich durch diese letzen Ereignisse stellt ist
also Folgende: Welche gesellschaftliche Rolle ist Facebook derzeit zuzuordnen?
Schon seit geraumer Zeit wird Facebook als „Datenkrake“ bezeichnet. Alle Daten, die User
auf den Server laden, werden auf einem Hauptserver gespeichert. Bilder, Videos oder Posts
werden mit dem Hochladen auf Facebook zu deren Eigentum. Theoretisch darf die Seite also
das gesamte Bildmaterial der User für Werbung verwenden, private Daten wie Adressen,
Telefonnummern, Namen an Firmen weiterverkaufen und schöpft nebenbei durch
Werbeeinnahmen Millionen. Das Geschäft könnte bei den 600 Millionen Usern, die Facebook
weltweit verbuchen kann, kaum lukrativer sein.
Als Kommunikationsplattform ist Facebook Gold wert: Ein Chat, eine Nachrichtenbox, eine
Startseite mit den neuesten Meldungen und Funktionen um eigene Fotos und Videomaterial
hochzuladen wird geboten. Jeder Geburtstag und jedes Ereignis, wie zum Beispiel ein
Konzert am Wochenende, oder die neueste Beziehungsentwicklung kann voyeuristisch
beobachtet werden. Sogar Wohnort, Hobbies, Lieblingsfilm, Motto, Geburtstag und
Lieblingsmusik kann im Profil gespeichert und für alle Mitglieder der Freundesliste sichtbar
gemacht werden. Durch den „Like“-Knopf kann für alle sichtbar angezeigt werden, was
gerade gemocht wird. Von gemochten Personen, Zeitungen, Sprüchen (wie z.B. „The feeling
you get when you understand something in math class“) werden dann regelmäßig Neuigkeiten
auf der Startseite sichtbar. Falls der ständige Neuigkeitsfluss einmal langweilig werden sollte,
schafft Facebook natürlich auch Abhilfe: Hunderte Spiele und Quiz existieren bereits, Neue
kommen stetig dazu. Damit auch alle Freund_innen der User sich auf Facebook vernetzen
bietet der Server den Freundefinder an. Damit wird die Emailkontaktliste durchforstet und
allen Nicht-Mitgliedern werden Beitrittsanfragen, allen Facebookmitgliedern
Freundschaftsanfragen gesendet. Facebook bietet also kompakt all das, was User sonst auf
verschiedenen Seiten an Diensten in Anspruch nehmen würden.
Die Plattform ist so bekannt, dass sogar Arbeitgeber_innen ihre potenziellen Angestellten mit
der Facebooksuchfunktion aufzuspüren versuchen. Wird dann ein Foto angezeigt, auf dem die
Person mit Alkohol, Drogen, auf Partys oder im Bikini abgebildet ist, wird die Arbeitsstelle
oft verwehrt. Facebook avanciert von der Kommunikationsplattform zum „virtuellen Ich“ des
Users.
Ich selbst besitze einen Facebookaccount, veröffentliche Daten wie mein Alter, Wohnort,
Telefonnummer oder Adresse aber nicht. Mein Nachname ist ersetzt und auf Bildern bin ich
nicht eindeutig zu erkennen, zudem sehen User, mit denen ich nicht befreundet bin nur ein
stark eingegrenztes Profil. Es gibt also Möglichkeiten, sich zumindest der
Arbeitgeber_innenproblematik nicht auszusetzen. Natürlich werden meine Daten, sogar jeder
einzelne Chatverlauf, gespeichert, was mich aber weniger interessiert, zumal ich keine
Privatangelegenheiten durch die Plattform „bespreche“. Ich empfinde Facebook als praktisch,
um mit Freund_innen aus der ganzen Welt zu kommunizieren, um neue Musik zu entdecken
und auf dem Laufenden zu bleiben. Voyeuristischen Neigungen anderer User komme ich aber
nicht durch regelmäßige Statusveränderungen oder neue Fotos entgegen, lieber halte ich mich
im Hintergrund.
Erörterung zum Thema: „Erziehung“
Das
Buch „Auroras Anlaß“ von Erich Hackl verdeutlicht, dass das Thema Erziehung
viele Facetten, wie zum Beispiel Toleranz, Zeitgeist, Unbeschwertheit,
Verantwortung oder aber auch Vertrauen hat. Aber was ist denn nun die
„perfekte“ Erziehung?
Genau
wie in der Modewelt unterläuft die Kindererziehung vielen Trends. Dieser
Vergleich erscheint vielleicht erschreckend, ist aber durchaus gerechtfertigt.
Was in dieser Saison bei Gucci ein neuer Rock ist, ist bei der Kindererziehung
zum Beispiel eine neu ausgeklügelte Lerntechnik. Folglich verändern sich die
Erziehungstrends immer wieder. Noch vor 10 Jahren wurde gesagt, man solle die
Kinder nicht zu früh fördern, sie „selber machen lassen“, jetzt, im Jahre 2009
boomt das Geschäft mit Früherziehung, Englisch-Frühkursen und co. .
Prioritäten
verändern sich, so haben sich im Laufe der Zeit zwei in genau entgegengesetzte
Richtung gehende Erziehungsstile entwickelt. Der antiautoritäre Erziehungsstil
und die autoritäre Erziehung.
Beim
antiautoritären Erziehungsstil wird fast gänzlich auf Grenzen verzichtet. Es
existieren sogar Schulen, die dieses Prinzip unterstützen. In diesen herrscht
aber nicht die totale Anarchie, sondern ein ganz normales Bildungswesen. Kinder
werden auch gefordert und lernen auch ohne Autorität ihre Grenzen, von ganz
alleine, kennen. Für viele Eltern, die dieses Prinzip vertreten, ist es schön
anzusehen, dass sich ihre Kinder ohne Druck ganz „frei“ entfalten können. Der
negative Teil dieser Erziehung ist leider auch, dass manche Kinder, oder auch
Jugendliche, ihre Grenzen nicht kennen und sie suchen. So ist es leicht, in die
„falschen“ Kreise zu kommen.
Das
Gegenteil, die autoritäre Erziehung, vertritt das Prinzip, die Kinder mit
Anleitung durch die Kindheit zu führen. Diese soll so geregelt wie möglich
ablaufen. Die Gefahr bei dieser Methode ist natürlich die Einschränkung der
Lebensfreiheit der Kinder. Diese wollen oftmals ausbrechen und neue Grenzen
finden. Oft geraten gerade diese Kinder in Gesellschaft von Menschen, vor denen
ihre Eltern sie schützen wollten.
Diese
waren die meiner Meinung nach extremsten Beispiele der Erziehung. Dazwischen
gibt es natürlich noch viel Spielraum. Eine perfekte Erziehung gibt es für mich
nicht, ideal wäre es aber, wenn sie ausgeglichen, vor allem aber sehr liebevoll
ist. Denn am Ende ist ein antiautoritär erzogenes ungeliebtes Kind genauso
glücklich wie ein autoritär erzogenes Ungeliebtes.
Textinterpretation: Wolfgang Hildesheimer – Eine größere Anschaffung
Der Maler und Schriftsteller Wolfgang Hildesheimer, ein Mann
jüdischer Abstammung, beeindruckt nicht nur durch seine zahlreichen Werke und
Übersetzungen deutscher Texte ins Englische, oder seine Auszeichnungen wie zum
Beispiel den Bremer Literaturpreis, sondern auch durch seine 1952 verfasste
Kurzgeschichte „Eine größere Anschaffung“.
Die Geschichte handelt von einem Mann und dessen
Konsumverhalten. Sie ist in 4 Teile, die deutlich durch Absätze getrennt sind,
eingeteilt. Die Einleitung, ganz im Stile einer Kurzgeschichte, bringt den
Leser direkt ins Geschehen, in eine Szene im Dorfwirtshaus. Dort wird der
Hauptperson, deren Name nicht genannt wird, von einer fremden Person eine
Lokomotive zum Kauf angeboten. Schon die Adjektive in den ersten Sätzen lassen
Erwartung aufkommen, der Fremde wird als interessant dargestellt. Nach
scheinbar kritischer Beäugung des Angebotes nimmt der Interessent an. Der
Handel ist vollzogen, als das Gefährt in der Garage unserer Hauptperson steht.
Erst als ein Vetter unsere Hauptperson besucht, wird Skepsis breit. Angstvoll
teilt der Vetter mit, eine Schnellzuglokomotive in der Garage gesehen zu haben,
worauf der Käufer scheinbar gelassen und ruhig reagiert. Kurz darauf wird der
Besitzer der Lokomotive auf
Zeitungsberichte aufmerksam, die das Offensichtliche offenbaren: die
Lokomotive ist gestohlen. Doch der Käufer weiß genau, wie er zu reagieren hat.
Beim nächsten Besuch im Dorfwirtshaus lässt er sich von demselben Händler nicht
mehr überreden, einen Kran zu kaufen. Denn was soll mensch schon mit einem
Kran?
Der Text ist in der Ich-Erzählsituation geschrieben, bei der
Erzähler und Hauptfigur identisch ist. Der Erzähler ist lediglich die reifere
Version der Hauptperson, also die Person, nachdem sie diese Erfahrung durchlebt
hat.
Als Textgattung ist deutlich die Satire, mit allen Merkmalen
der Kurzgeschichte, wie zum Beispiel dem direkten Einstieg in die Geschichte,
dem offenen Schluss, der einsträngigen Handlung oder der chronologischen
Erzählweise, zu erkennen.
Die Erzählzeit ist viel kürzer als die erzählte Zeit, da
sich nach jedem Absatz ein Zeitsprung von einer kurzen, aber nicht genau
bekannten Zeitspanne befindet. Während des Erzählungsablaufes gibt es keine
Vorausdeutungen, lediglich stark abgeschwächte Ahnungen, die sich in den
Adjektiven, die zum Beispiel den Händler (gedämpft-vertrauliche Stimme)
beschreiben, ausdrücken.
Die Geschichte ist komplett im Ich-Erzählstil gehalten,
lediglich einmal findet sich eine direkte Rede zwischen der Hauptperson und dem
Vetter, die die Handlungsintention und Meinung des Vetters herausheben soll.
Wegen des Erzählstils wird die Hauptfigur nur indirekt, also
durch ihre eigenen Handlungen, charakterisiert. Sie erscheint naiv, gutgläubig
und verspielt. Über ihr Aussehen oder gar ihr Geschlecht wird gar nichts
preisgegeben. Hingegen erscheint der Vetter, der direkt durch die Hauptperson
charakterisiert wird, sehr sachlich, realistisch, fast schon pessimistisch. Der
Händler wird als durchschnittlich beschrieben, mit passenden Adjektiven wird er
aber als interessant dargestellt.
Die Schauplätze sind das Dorfwirtshaus, der erste und letzte
Ort der Erzählung, der ein gewisses Maß an Lockerheit aufweist und das Haus mit
zugehöriger Garage, das eher irrelevant ist.
Die Personen können sowohl für die heutige Zeit, als auch
für die Gesellschaft um 1952 stehen. So ist der Händler der ständige
Konsumdrang, die unausweichliche Werbung und Kaufaufforderung, wobei der Vetter
die „normale“ Gesellschaft ist, die nichts mit übermäßigem Konsum am Hut hat
und diejenigen nicht versteht, die sich der Kauflust hingeben. Die Hauptperson
ist der Inbegriff irrationalen Konsumverhaltens, was sich deutlich in der
Investition in die geklaute Lokomotive zeigt. Vom Autor ist besonders sie ins
Extreme gezogen worden, was diese Satire ausmacht. Als wäre es das normalste
der Welt wird der Kauf der Lokomotive bestätigt, sogar eine noch absurdere
Geschichte wird darüber erzählt. Sie steht in keinerlei kritischer Distanz zum
eigenen Handeln.
Für mich spiegelt diese Geschichte in etwas verzerrter Form
das heutige Konsumverhalten wieder. Ohne viel über etwas zu wissen, wird
eingekauft. Es sei sowieso so offensichtlich, man müsse nicht viel über ein
Produkt wissen, es wird schon das Richtige sein. Etwas erstaunt hat mich, dass
der Autor schon in der Zeit des Verfassens, also 1952, das Gefühl hatte, in
einer extremen Konsumgesellschaft zu leben.
Erörterung "Leben wir in einem aufgeklärten Zeitalter?"
Leben wir in einem aufgeklärten Zeitalter?
Hier ein Plakat über die
Gleichberechtigung von Mann und Frau, da eine Demonstration für
gleichgeschlechtliche Ehen, überall stolpern wir über diese Zeichen der
modernen Aufklärung. Was vor nur 100 Jahren undenkbar schien, wird heute
Wirklichkeit! Doch was sagt uns die Realität? Leben wir in einem aufgeklärten
Zeitalter?
Ein Kind vor der Ehe, vor nur 50
Jahren noch undenkbar, heute aber der Alltag: Der Wunsch der Paare nach Heirat
sinkt, so sehen es viele nur mehr als Kundtuung der Liebe vor dem Staat,
einfach nur die Abklärung der rechtlichen Verhältnisse, und nicht mehr als den
Beweis der Liebe vor Gott. Diese Problematik resultiert natürlich klar aus der
Tatsache, dass immer mehr Menschen zum Atheismus übergehen, Gott spielt im
Leben Vieler keine zentrale Rolle mehr. In diesem Punkt sind die Folgen der
modernen Aufklärung klar zu erkennen, wo Gott im Mittelalter noch eine
elementare Bedeutung hatte, wo man nur lebte, um „gut“ in den Tode zu gehen, da
herrschen heute andere Meinungen.
Auch an der Problematik der
Homosexualität in der heutigen Gesellschaft sieht man ganz klar: Ein großer
Schritt ist schon getan, aber der Weg ist noch lange nicht zu Ende. Die noch
vor 100 Jahren als abnormal geltende Homosexualität wird heute in manchen
Ländern so weit anerkannt, dass es
diesen Paaren möglich ist, zu heiraten, wie zum Beispiel in manchen
Bundesstaaten der USA.
Ein bedeutender Teil der Aufklärung
sind natürlich die Medien. Was früher Zeitung und Flugblätter waren, ist heute
der Computer – das Internet und auch das Fernsehen. Überall wird man mit
Eindrücken regelrecht bombardiert, sodass es fast unmöglich ist, sich einer
„fremden“ Meinung zu entziehen. Durch diese Eindrücke bekommt man das Gefühl,
eine eigene Meinung bilden zu können, in der Wirklichkeit aber wird man bewusst
zu einer Meinung gelenkt. Dies zeigt sich oft in politisch-parteiischen Sendern
oder Zeitungen. Man denkt, sich objektiv informiert zu haben.
Eine einheitliche Antwort zur
Fragestellung: „Leben wir in einem aufgeklärten Zeitalter?“ gibt es leider
nicht, man kann jedoch sagen, dass die Aufklärung kein Zustand, sondern eine
lange andauernde Handlung ist. Ein großer Fortschritt im Gegensatz zur
Situation vor 100 Jahren ist schon gemacht, der Weg ist aber noch sehr lange.
Vergleich der beiden Gedichte "Ein Bild" und "Ein Andres" von Arno Holz
Die auf einander bezogenen Gedichte „Ein Bild“ und „Ein
Andres“ handeln aus der Zeit der Industrialisierung. Arno Holz versteht es mit
den beiden Texten sehr gut, die sozialen Missstände darzustellen. Schon beim
ersten Durchlesen lässt sich der große Kontrast von Prunk und bitterer Armut
feststellen, die Werke sollen offensichtlich als soziale Anklage verstanden
werden. Er selbst lebte am Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhundert und trug
entscheidend zur Entstehung des konsequenten Naturalismus, der in exakter
Darstellung der Realität neue Wirkungsmöglichkeiten für die Literatur sucht,
bei.
In „Ein Bild“ wird die Situation des Adels in vier Strophen
mit jeweils acht Versen, die im Kreuzreim verfasst sind, im Prunk und im Luxus
geschildert. Fremdsprachige Worte, sehr gewählte Ausdrücke und der Jambus als
Metrum untermalen die distinguierte Stimmung. Im ganzen Gedicht, besonders aber
in der ersten Strophe, finden sich Farbadjektive, wie zum Beispiel „Aus
Sandstein ist das gelbliche Portal,“ die zwar den Luxus, aber auch die damit
verbundene Kälte und Reserviertheit verdeutlichen. In der ersten Strophe wird
das prunkvolle Anwesen und die Umgebung, im Verlauf des Gedichts immer mehr die
Personen und deren Lebensweise und Verhalten beschrieben. Obwohl das Leben des
Hausherren noch so edel sein mag, baut sich Spannung auf. Die wichtige Person
des Hauses ist krank, weswegen sogar der „greise Hausarzt“ herbeigerufen wird.
Mehr und mehr wird der Eindruck eines schweren Leidens vermittelt, Eis und
Himbeeren sind die Medizin und andächtige Stille herrscht im ganzen Haus. Erst
in der letzten Zeile wird es aufgelöst: Gekonnt bekommt die lesende Person das
Gefühl, der Hausherr sei schwer erkrankt, doch ist es seine Frau, die an einer
Migräne leidet.
Im zweiten Gedicht, „Ein Andres“, wird die Situation einer
Familie am sozialen Abgrund geschildert. Wie auch „Ein Bild“ ist das Werk in
vier Strophen mit jeweils acht Versen im Kreuzreim gegliedert, die Sprache ist
jedoch den ärmlichen Verhältnissen angeglichen und somit in einfachen Worten
verfasst. Genauestens wird die armselige Umgebung, ein heruntergekommener Raum
einer Mietskaserne, beschrieben. Das Stroh, das im ersten Gedicht noch als
Streu für den Straßendamm benutzt wird, dient als Füllmaterial der Matratze,
auf der sich eine todkranke Frau befindet. Drei Kinder stehen stumm an ihrem
Krankenbett und warten, der Kindsvater ertränkt seinen Kummer und seine
„Wuthgedanken“ in Alkohol. Als einzige Lichtquelle für den Raum leuchtet ein
Talglicht mit trübem Schein. Aus Mitleid mit der Kranken wird schließlich ein
Arzt, der im Gegensatz zum greisen Hausarzt in „Ein Bild“ ein junger, und
wahrscheinlich sehr unerfahrener und gutherziger, Armenhilfsarzt ist, geholt.
Durch eine Personifikation, „Da schluchzt sein Herz“, wird die bedrückte
Stimmung untermalt, das schwache Licht erlischt und der Arzt kann nur noch den
Tod der Mutter feststellen, sie ist wie das Licht „verblichen“. Der gravierende
Kontrast der Krankheiten in beiden Werken unverkennbar. Was im einen Gedicht
eine Therapie durch Himbeeren mit Eis für Kopfschmerzen ist, ist im Anderen nur
noch die Feststellung des Todes nach schwerster Krankheit.
Mich persönlich berührten die beiden Texte sehr. Ich konnte
mir durch die vielen Farbadjektive und Personifikationen die Situationen sehr
gut vorstellen und mit den Personen, besonders in „Ein Andres“, mitfühlen.
Selten ist es mir passiert, dass mich zwei Texte so zum Nachdenken angeregt
haben.
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